Idioten

Heute war ich mit der Aurelia auf dem Markt. Der quillt ja richtig über mit all den guten Sachen von den Gärten und Feldern der Bauern.   Ich habe sie dann alleine gelassen und bin zum Landesspital rüber.. Eigentlich wollte ich mir von dort bloß aus einem Automaten einen Kakao runterlassen, doch beim Spitalseingang habe ich einen Jungen getroffen, den ich schon seit mehr als 13 Jahren kenne. Er ist einer von den Kindern, die im Kanal, auf der Straße und am Bahnhof in abgestellten Zügen aufgewachsen ist. Im Nu war ich von 3 weiteren Jugendlichen umgeben und wir haben gemeinsam Kakao vom Automaten getrunken. Einer von ihnen wollte von mir 6 Lei – das sind umgerechnet ca. 1,35 €. Und somit habe ich wieder eine Geschichte erfahren und deswegen heißt dieser Beitrag eben so, wie er heißt.

Ein Jugendlicher, der eigentlich in einem Projekt für Straßenkinder untergebracht ist außerhalb der Stadt Arad, muß, damit er weiterhin in diesem Projekt für Straßenkinder bleiben kann, einen gültigen Personalausweis haben. Um diesen Ausweis zu erhalten, ist er in die Stadt gefahren. Hat dort bei seinen Kumpels beim Bahnhof im Freien übernachtet. In der Nacht ist die Politia Comunitara Arad, sowas wie Stadtwache, gekommen, haben die Jugendlichen mit „spray paralizant“, ich vermute, Pfefferspray vertrieben und einen zur Abschreckung mitgenommen auf die Wache, wo er 20 Schläge mit einer Eisenstange auf die linke Hand und 20 Schläge auf die rechte Hand bekommen hat.

Fazit: bei einer Hand sind nun die Knochen zerbrochen und deswegen habe ich ihn im Spital angetroffen, denn dort gibt es nun einen Arzt, der Straßenkinder behandeln  m u ß.

Der Arzt hat die Hand untersucht und den Jungen in die Apotheke geschickt, um einen Gipsverband zu kaufen, denn im Spital haben die sowas nicht. Damit der Patient aber den Gipsverband kaufen kann, braucht er Geld in der Apotheke und wenn er kein Geld hat, gibt´s halt auch keinen Gipsverband. So einfach ist das.

Der Junge hatte sich manchmal vor Schmerzen gewunden. Ich habe ihm Mohnblütenöl draufgegeben, aber es war klar, daß die Hand ärztlich versorgt werden muß. Aurelia ist dann später nachgekommen und mit ihm in die Apotheke, um diesen Gipsverband um 6 Lei zu bekommen, mit dem er dann wieder ins Spital gegangen ist.

Themawechsel. Manchmal wird mir vorgeworfen, daß ich ab und zu zu harte Ausdrücke verwende. Chris aus Südtirol meint, ab und zu Wut in meine Beiträgen zu spüren. Ich weiß es nicht.

Vor ein paar Jahren wurde in Bukarest ein NATO-Gipfel abgehalten. Auch der liebe Herr Bush aus Amerika war hier. Der hat damals seine „Koalition der Willigen“ zusammengestellt, jene Verrückten, die dann 100.000ende Männer, Frauen und Kinder im Irak und in Afghanistan mit ihren HiTech-Waffen umgebracht oder zu Krüppeln geschossen haben.

Und, auch klar, wenn soviel wichtige Leute aus aller Herren Länder in Bukarest sind, dann muß das Elend und die Armut von der Straße verschwinden. Also wurden die Straßen von Gebrechlichen, Bettlern, Straßenkindern und Straßenhunden gereinigt.

Bei den Straßenkindern wurde das so gemacht, daß die Polizei Benzin ins Kanalsystem geschüttet und angezündet hat und so die Kinder rausgeholt und vertrieben hat. Mir ist ein Fall bekannt, wo ein Straßenkind, welches noch dazu geistig behindert ist, Feuer gefangen und schwere Verbrennungen abgefangen hat. Im Spital wurde ihm die Behandlung verweigert. Mitglieder einer westeuropäischen Organisation für Straßenkinder haben dann im Spital Druck gemacht, damit dieses Kind behandelt wird.

Das ist der Grund, warum ich manchmal heftigere Worte verwende.  

8 Kommentare zu “Idioten

  1. Ich finde Deine Wortwahl treffend. Ich weiß nicht, ob ich mich so zurücknehmen könnte. Das sind immer wieder Geschichten und Umstände, bei denen mir nur noch die Kinnlade runterklappen kann.

  2. „Idiotie“ ist ein antiquierter Begriff für Schwachsinn. Es ist nach meinem Eindruck weniger Schwachsinn als teuflische Bosheit am Werk. Unsere Zivilisation(en) ist/sind durchseucht mit Bosheit und Lebensfeindlichkeit. Das sind Wirkungen der Taten von konkreten Menschen. Wut und Verzweiflung liegen da nahe. „Empört euch…“ reicht nicht. – – – Es ist anscheinend wenig was „man“ dagegen setzen kann. Doch das Wenige zählt. Winzige Energiemengen, Impulse, wirken (spirituell, sozial, politisch, medizinisch, …). Bernhard und Aurelia, danke für Euer Wirken.

  3. Habe vergangene Nacht nicht schlafen können. Meine Rumänientour lief Revue! Saß am Bettrand und musste weinen.
    Überall auf der Welt ist Elend zu sehen, und doch kann jedes einzelschiksal noch getopt werden. Mich interessiert5 es manchmal auch, wie verlangt werden kann ruhig zu bleiben.

  4. . . . und doch hat JESUS gesagt, wir sollen uns über die Zustände in der Welt nicht ärgern, sie müssen vergehen.
    . . . und er hat auch gesagt: wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Demnach sollten wir es unterlassen, andere zu verurteilen und über die Zustände zu schimpfen. Wir machen die Welt dadurch nicht besser.
    . . . anstatt dessen sollten wir doch dahin arbeiten, es zu schaffen, unsere Feinde zu lieben.
    . . . und wenn wir noch so viel des Guten getan haben, haben wir am Ende doch nichts getan. Sind das nicht auch JESU Worte?
    Wer handeln kann, der handle, aber ohne den Herrn schaffen wir rein gar nichts!
    Wer sieht bis in alle Ecken und Tiefen unserer Herzen hinein? Nur der Herr!
    Und . . . wenn der Herr es will . . . auch ein Wiedergeborener im Geiste.

    Ist jemand von euch so weit? Ich habe bis jetzt noch niemanden kennengelernt, leider!
    Aber die Zeit ist reif, JESUS ist spürbar nahe.

    chris

  5. Wir sind alle nur Menschen und die Wut über solche Unmenschlichkeit daher verständlich.
    Natürlich hat Chris recht, wenn er Jesus zitiert: „wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ Doch ich sehe nicht, dass Du jemand verurteilst, sondern eine Geschichte erzählst, die sich so zugetragen hat und die der Information dient.
    So etwas zu lesen, und dabei NICHT wütend zu werden, ist für mich daher unverständlicher.

    Es ist gut und wichtig, dass es Menschen wie Dich, Bernhard, und Aurelia gibt.

  6. …:-) Klar sollen wir die lieben, die uns auf die Nerven gehen. Keine Frage.
    Irgendwann schreib ich einen Artikel darüber.

    Ich habe einmal 2 Kindern im Alter von 9 und 13 Jahren geholfen, deren Vater gestorben ist. Mutter hatten die keine. Ich bin mit dem Toten plus 7 Zigeunern plus ein paar Kisten Bier plus ein paar Packungen Limonade im Auto einen Tag lang rumgefahren, damit wir diesen verdammten Totenschein bekommen, damit der Tote auch begraben werden kann.
    Wir haben´s aber nicht geschafft. Erst am 2. Tag mit viel Geduld und viel Intuition haben wir den Schein bekommen. Dabei hab ich einen verzweifelten Mann getroffen und ihm auch etwas geholfen, denn der lief schon den 8. (in Worten: den achten) Tag rum, um einen Totenschein für seine verstorbene Frau zu bekommen.
    Auf die Frage, ob die Tote nach so langer Zeit nicht schon zu stinken beginnt, sagt ein anderer: Jetzt is eh Winter!!!…:-)

    Ja, was sollst denn da noch tun? Ich versteh ja eh jeden, auch die Beamten, aber trotzdem kommt hinten in meinem Kopf, ohne daß ich das will – das kommt ja ganz von alleine hoch, dieses Unwort: „Idioten“…:-) Und dazu stehe ich auch, ich unterdrück es nicht, wenn es so aus meiner Tiefe aufsteigt. Bei aller Liebe auch für den noch schwachen Bruder oder die noch schwache Schwester im Herrn, hinter ihrem Schreibtisch….:-)
    Trotzdem aber gelobe ich, an mir zu arbeiten…:-)

  7. „Liebet Eure Feinde“… Für mich ist diese Jesu Aufforderung eine der schwierigsten in seiner Umsetzung. Einen Menschen zu lieben, der mich oder andere mit Worten oder Handlungen verletzt, finde ich enorm schwierig…..aber möglich. Wenn ich im anderen den Menschen sehe und erkenne und mich nicht von seinem Verhalten blenden lasse, dann kann ich meinen Feind lieben. Jeder Täter war früher (meist als Kind) selber Opfer und sein Herz, seine Liebesfähigkeit wurden verletzt und „verhärtet“. Ich denke, es ist wichtig, daß wir die Täter genauso lieben wie die Opfer, vielleicht brauchen die Täter sogar noch mehr Hilfe als die anderen. Dadurch wachsen wir selbst in unserer Liebesfähigkeit und vielleicht findet das eine oder andere „verhärtete Herz“ wieder den Weg zur Liebe. In diesem Sinne sehe ich eine Möglichkeit, unsere Welt zu verbessern. Wir alle tragen dazu bei.

  8. Krasse Geschichte! Es tut weh! Ich finde es traurig, wie ein Beamter so fies sein kann. Wer weiß was seine Motivation war so zu reagieren. Wer weiß was er für eine Vergangenheit hat, wieviel Druck er von oben bekommt…. doch hätten wir sein Leben gelebt und müssten seinen Job machen…wer kann garantieren, das wir nicht ebenso reagiert hätten. und das soll es nicht gerechtfertigen, so mit Menschen umzugehen. – Und ich kenne es auch das mir ein Wort wie Idiot hochkommt und es ist lächerlich, im Vergleich zu dem was in Rumänien los ist, wenn ich mich nur beim Einkaufen oder beim Einsteigen in Bus oder Bahn in z.B. Deutschland über die Leute aufrege weil sie mir zu dicht auf die Pelle rücken und nicht Abstand halten können. Lächerlich gegen diese Probleme in Rumänien. Und wenn ich weiter forsche, unter dem Wort Idiot liegt viel mehr, was für Urteile habe ich über solch ein Verhalten, was hat es mit meiner Geschichte zu tun, ..und so weiter und mir hat dabei oft the work of Byron Katie geholfen um die Situation tiefer zu verstehen.

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